Bewertung der Persönlichkeit: KI bei der Personalsuche
Künstliche Intelligenz wird zunehmend auch bei der Suche nach bzw. Vermittlung von qualifizierten Arbeitskräften verwendet. Kann KI den Charakter oder die Persönlichkeit eines Menschen richtig einschätzen?
Tagesschau.de berichtete am 16.02.2021, dass immer mehr Unternehmen auf den Markt drängen, die künstliche Intelligenz bei der Personalrekrutierung einsetzen wollen.[1] Und Spiegel Online spricht bereits von „Tinder für Jobs“.[2] Welche Ansätze zum Thema „Personalmanagement und KI“ gibt es?
Da ist zum einen eine KI, die Vorstellungsvideos bewertet, Verhaltensweisen erkennt und ein Persönlichkeitsprofil erstellt. Hierzu werden laut Hersteller Stimme, Sprache, Gestik und Mimik untersucht. Tageschau.de berichtet über den Test dieser Persönlichkeitsanalyse durch den Bayerischen Rundfunk. Dabei gab es einige überraschende Erkenntnisse:
„Bei einem Austausch des Hintergrunds erhält die Testperson für ein und denselben Bewerbungsclip eine andere Persönlichkeitseinschätzung. Statt ‚bodenständig‘ erscheint ein Proband beispielsweise plötzlich ‚interessiert‘, aus ‚zurückhaltend‘ wird ‚lebhaft‘ – lediglich mit einer Bücherwand im Hintergrund statt mit einer weißen Wand. Ähnliche unerwartbare Veränderungen ergeben sich bei leicht veränderten Helligkeits- oder Sättigungswerten im Video.“ (Tagesschau)
Auch bei weiteren äußerlichen Veränderungen zeigten sich Ergebnisse in der Bewertung der Persönlichkeit, die eigentlich nichts mit Charaktereigenschaften und Individualität zu tun haben. Dass diese Äußerlichkeiten von der Software nicht herausgerechnet werden, ist für Uwe Kanning, Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück, ein großes Manko. Und noch mehr: Vorurteile und Stereotype können durch eine solche Software sogar noch verstärkt werden: „Etwa, dass gutaussehende Menschen als intelligenter und große Menschen als führungsstärker wahrgenommen werden.“[3]
Spiegel Online berichtet über eine Tinder-ähnliche Software zur Job- und Personalsuche: Wer eine Anstellung sucht, lädt seinen Lebenslauf hoch, schaut sich die Angebote an und wischt sie entweder hinweg oder auf die Merkliste. Wer Personal sucht, macht dasselbe mit den Bewerber*innen. Insgesamt 39 Algorithmen bewerten Fähigkeiten und Qualifikationen und versuchen so Firmen und Suchende zusammenzubringen.
Auf diese Weise sollen Vorurteile und Diskriminierungen minimiert werden. Allerdings können auch Algorithmen nicht erkennen, wann jemand übertreibt oder sich unterschätzt. Auch kommt es vor, dass Personalverantwortliche nur bestimmte Bewerbertypen in die nähere Auswahl ziehen oder wischen. Ein gutes System sollte dies bemerken und darauf hinweisen. Auch dazu gibt es bereits Techniken. Aber, um bei dem Tinder-Vergleich zu bleiben:
„Wer würde sich schon bei der Wahl seiner neuen Liebe auf den Lebenslauf verlassen und nur diejenigen treffen, die die richtigen Schlüsselbegriffe haben?“[4]
[1] Elisa Harlan, Uli Köppen, Oliver Schnuck und Lisa Wreschniok: KI zur Persönlichkeitsanalyse: Fragwürdige Personalauswahl mit Algorithmen. Auf den Seiten von Tagesschau.de unter: https://www.tagesschau.de/investigativ/report-muenchen/kuenstliche-intelligenz-persoenlichkeitsanalyse-101.html (vom 16.02.2021, abgerufen am 09.03.2021).
[2] Christiane Miethge: KI und Recruiting: Wie Tinder für Jobs. Auf den Seiten von Spiegel Online unter: https://www.spiegel.de/start/kuenstliche-intelligenz-bei-der-bewerbung-wie-tinder-fuer-jobs-a-3f314053-ecad-45ff-bbb7-5b23701d7ccf (vom 02.03.2021, abgerufen am 09.03.2021).
[3] Elisa Harlan, Oliver Schnuck (Bayerischer Rundfunk und Politmagazin report München): Fairness oder Vorurteil. Auf den Seiten von BR24 unter: https://web.br.de/interaktiv/ki-bewerbung/ (vom 16.02.2021, abgerufen am 09.03.2021).
[4] Ebd.